Was macht man mit einem so jungen Pferd? Sehr viele sehr kleine Schritte! Wir lassen uns mit allem viel Zeit, es drängt uns keiner und wir haben noch viele gemeinsame Jahre vor uns. Tammi darf sich an ihre neue Umgebung, ihre neuen Freundinnen und ihre neuen Menschen gewöhnen. Ich arbeite kurz, konzentriert und spielerisch mit ihr. Zerlege Stress und Aufgaben in viele kleine Teile, die wir einzeln angehen und dann wieder zusammenfügen. So sammeln wir viele kleine Erfolgserlebnisse und schaffen eine positive Grundstimmung. Die Idee geht auf und schon bald schenkt Tammi mir die ersten Königinnenmomente.
Und dann kam der Schmied…
Ihre weidegewöhnten Barhufe kamen nicht mit dem Betonuntergrund unter der Heuraufe zurecht. Ich merkte es zu spät, sie ging klamm, musste auf einem kleinen Extrasandpaddock stehen und letztendlich beschlagen werden. Die Woche auf dem Extrapaddock nutzte ich, um ihre Beine in alle nur erdenklichen Richtungen zu heben und zu ziehen und mit Hufratzer und vielem mehr gegen ihr Hufe zu klopfen und zu hämmern. Das alles mit vielen Pausen, viel kuscheln und viel loben und zuletzt auch recht problemlos. Dass Hufe heben nicht gerade Tammis Lieblingsübung ist, möchte ich an dieser Stelle nicht verschweigen, aber wir hatten passable Fortschritte gemacht. Der Tag des Hufschmieds war da, Tammis Laune miserabel und ich furchtbar aufgeregt und angespannt. Der Schmied leider auch. „Ich habe keine Angst, ein junges Pferd zu beschlagen“ warf er sich in die Brust und unter viel Schimpfen, Schreien und einigen ziemlich kräftigen Knuffen in Tammis Bauch waren nach ca 45 Minuten vier Eisen drauf. Ich fühlte mich grauenvoll und unsere Beziehung hat ihre ersten Schrammen.
Mittlerweile ist die tägliche Hufpflege dank eines kleinen Tricks völlig unproblematisch: wenn sie wegzieht oder hampelt bleibt der Huf oben, erst wenn sie sich entspannt, dann aber sofort, wird abgesetzt. Und auch die Eigenheit, mit den Hinterbeinen beim Absetzten genervt zu kicken, haben wir so gelöst: das Bein muss dann leider noch mal aufgenommen und „anständig“, d. h. selbstständig und langsam abgesetzt werden. Das Pony ist schlau, schon nach kurzer Zeit hat sie gemerkt, dass es viel schneller geht, wenn sie mitmacht.
Zweite Runde
Einigermaßen optimistisch ging es also in die zweite Runde: mit einem neuen Schmied, der als besonders geduldig gilt und auch immer eine kompetente Hilfe dabei hat. Zunächst war auch alles in Ordnung, Tammi besah sich neugierig die „fahrende Werkstatt“ und die zwei neuen Menschen, hob brav alle vier Füße und ich fing schon an, erleichtert aufzuatmen. Da kam der Faktor Zeit ins Spiel: nach einer Weile war mein Pony der Ansicht, dass es jetzt genug ist und begann wieder, die Hufe weg zu ziehen. Der Schmied arbeitete ruhig und ohne großes Schimpfen weiter mit ihr. Noch eine Weile später sagte uns das Pony, dass es nun wirklich genug ist und begann wieder zu kicken. Mir wurde mulmig und ich betete innständig, der Schmied möge sich beeilen. Das tat er nicht und mein Pony beschloss, da sie ja offensichtlich nicht verstanden wurde, noch deutlicher zu werden und trat beherzt nach dem hinter ihr vorbeigehenden Schmied. Es war ein eindeutiges: der soll weg, mir reichts. Dass an dieser Stelle dem gutmütigsten Schmied der Geduldsfaden reißt, ist nicht verwunderlich. Es gab eine kurze, sehr deutliche Zurechtweisung. Nun lagen bei allen Beteiligten die Nerven blank, dennoch kam auch dieser Termin irgendwie zu einem Ende. Nach 1 1/2 Stunden mit vier Eisen an den Füßen und einem schlechtem Gefühl im Bauch.
Das ist jetzt 6 Wochen her und damit rückt der nächste Hufschmiedtermin unaufhaltsam näher. Und ich bin mit meinem Latein am Ende. Ich kann Tammi beibringen, die Füße zu heben. Ich kann sie an den Platz, an dem beschlagen wird, gewöhnen, indem ich sie dort anbinde, putze und füttere. Ich kann ihr Vertrauen in mich stärken, indem ich mich wie ein zuverlässiger Partner verhalte. Aber wie um alles in der Welt erkläre ich ihr, dass ich verstanden habe, dass sie nicht mehr kann und will, sie aber leider trotzdem durchhalten muss???