Unser Weidejahr

Unser Weidejahr

Was macht eine gute Pferdeweide eigentlich aus und wie viel braucht man davon? Ist eine Weide nicht einfach ein Stück Land mit einem Zaun drumrum? 

Ganz so einfach ist es nicht. Pferde in freier Wildbahn nutzen bei normalem Bewuchs eine Fläche von ca 50 Hektar pro Pferd, bei üppigem Bewuchs sind es auch mal 10 Hektar pro Pferd. Will man sein Pferd natürlich ernähren, dann ist ein Hektar pro Pferd ein guter Anfang, wobei bei dieser Flächengröße bereits Weidemanagement betrieben werden muss. So sagt es jedenfalls Marc Lubetzki in seinem Online-Themenabend „Die Speisekarte der Pferde“. In der Landwirtschaft rechnet man ebenfalls mit einem Hektar Fläche pro Pferd, um das Pferd ganzjährig zu ernähren. Allerdings sind so große Flächen in der Pferdehaltung eher selten, zumindest in Ballungsräumen wird man das kaum finden. Deshalb wird zumeist Heu zugefüttert, das von Flächen stammt, die nicht für die Pferde gut erreichbar und eingezäunt sein müssen. Wir haben für 18 Pferde insgesamt 6 Hektar Weideland zu Verfügung, das heißt 1/3 Hektar pro Pferd. Außerdem füttern wir ganzjährig Heu, so dass wir mit der Größe unserer Weiden gewährleisten können, dass die Pferde in der Weidesaion täglich 8 bis 12 Stunden auf den Weiden sein können, davon  tatsächlich satt werden und sich gut und gesund ernähren. 

Dann gehen wir mal durchs Jahr: im Februar und März ruhen unsere Weiden, die Pferde sind auf den Winterstücken. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir ruhen. Im Frühjahr werden alle Weiden mit einem Wiesenstriegel gepflegt. Die vielen Zinken des Wiesenstriegels ritzen den Boden oberflächlich an, so dass Licht und Luft an das keimende Gras kommt. Außerdem entfernen sie Moos und glätten die von Wildschweinen und Maulwürfen aufgeworfene Erde. Gleichzeitig sichten wir die Wiesen auf kahle Stellen und Giftpflanzen. 

Giftige Pflanzen entfernen wir von Hand – hier Graukresse

Im nächsten Schritt düngen wir unsere Weiden. Warum düngen wir unsere Weiden? Ist die ideale Pferdeweide nicht mager und ungedüngt? Pflanzen brauchen immer vier Dinge für Wachstum: Licht, Wärme, Wasser und Nährstoffe. Fehlt eine der vier Komponenten, gerät das Gras in Stress und gestresstes Gras ist schlecht für Pferde. Deshalb versorgen wir unser Gras mit den nötigen Nährstoffen. 

Fendt Geräteträger mit Düngerstreuer

Ebenfalls im Frühjahr entscheiden wir, ob einzelne Wiesen nachgesät werden müssen. Aufgrund von Dirks Ausbildung und Fachwissen können wir unsere Saatmischung selbst zusammenstellen. Es ist faszinierend, an diesem Prozess beteiligt zu sein. Die Gräser und Kräuter nach ihren Eigenschaften auszuwählen, später die Säcke mit dem wertvollen Saatgut zu sehen, es mit den Händen zu befühlen. Dieses Jahr stehen Pflanzen, die mit Trockenheit gut zurecht kommen, im Vordrgrund. 

Im April gibt es den berühmt-berüchtigten „Aktionstag“. An diesem Tag werden gemeinsam mit unseren Einstellern die Zäune kontrolliert, repariert und einzelne Abschnitte komplett erneuert. 

Sobald wir das Gefühl haben, dass das Gras gut wächst und die Witterungsbedingungen passen, geben wir ein Stück Wiese zum Anweiden an der Hand frei. Hier können unsere Einsteller beginnen, empfindliche Pferde an das frische Grün zu gewöhnen. Etwa 2 Wochen später geht es dann für alle Pferde auf die Weiden. Hierbei hat sich in den letzten Jahren folgendes Vorgehen bewährt: Am ersten Tag gehen die Pferde am Morgen auf die Winterstücke. Hier fressen sie Heu, damit sie schon mal ordentlich was im Bauch haben und nicht eventuell noch kaltes Gras gierig herunterschlingen. Um 14 Uhr dürfen sie auf die Weide. Welch eine Freude jedes Jahr! Alle Einsteller, die es ermöglichen können, kommen zum Zuschauen, alle Anderen werden über unseren Verteiler mit Videos versorgt. Nach 2 Stunden geht es zurück in den Stall. Dies wiederholen wir 7 Tage lang, wobei es jeden Tag eine halbe Stunde früher auf die Weide geht. Ab dem 8. Tag geht es gleich morgens auf die Weide.

Von den ersten Minuten auf der Weide gibt es leider nur sehr unscharfe Bilder, weil alle Pferde vor lauter Freude erst mal rennen.

Im Mai und Juni wachsen durch den jahreszeitlichen Wachstumsrythmus mehr Gras und Kräuter, als die Pferde fressen können. Lässt man diese für später im Jahr stehen, so verholzen die Stengel und enthalten nur noch wenige wichtige Nährstoffe, dafür aber viel unverdauliches Lignin. Neues Gras kann mangels Licht nicht nachwachsen, das hohe überständige Gras beginnt unten zu verfaulen. Lässt man hier Pferde weiden, so finden sie trotz der Fülle wenig fressbares, zertreten den hohen Bewuchs und es wird schwer, die Fläche wieder in Ordnung zu bringen. (Quelle: Jutta von Grone, „Die Pferdeweide“) Deshalb machen wir im Juni auf einem Teil unserer Flächen Heu. Später im Jahr kann die Heuwiese dann ebenfalls beweidet werden.

Fordson Super Dexta mit Heuwender

Während der Weidesaison füllen wir täglich die Wasserbottiche auf und kontrollieren die Zäune. Wechseln die Pferde auf das nächste Stück, so wird die alte Weide abgezogen, um die Pferdeäpfel zu verteilen und „Geilstellen“ zu vermeiden (Abäppeln wäre natürlich besser, aber das bekommen wir zeitlich nicht hin). Ich habe immer ein Lächeln im Gesicht, wenn mein Mann mit unserem Dexta, den wir zum Abziehen nutzen, um die Ecke kommt. Irgendwie erinnern mich die Beiden and die Kinderserie „Kleiner roter Traktor“.

Fordson Super Dexta mit Wiesenschleppe

Unerwünschter Bewuchs wird entweder regelmäßig gemulcht (z.B. Brennnesseln) oder von Hand entfernt (z.B. Ampfer). Der Mulcher ist ein beweglicher Mäharm, der hinten an den Traktor gehängt wird. Dieser schneidet und zerkleinert das Schnittgut. Brennnesseln wachsen weniger nach, wenn sie regelmäßig geschnitten werden und auch andere Pflanzen, die die Pferde nicht fressen, vermehren sich durch regelmäßiges Schneiden weniger. Da Ampfer schnell viele Samen bildet, entfernen wir ihn vorsichtig von Hand, damit wir beim Abziehen oder Mulchen nicht noch unfreiwillig die Samen großflächig verteilen. Wenn wir Glück haben, muss sich gerade ein junger Mensch sein Taschengeld aufbessern, aber besonders beliebt ist das Ampfer schneiden nicht, so dass wir es doch meist selbst machen müssen. 

Fordson Super Dexta mit Mulcher

Natürlich klappt das alles nicht immer so reibungslos, wie es hier klingt. Stehen Mann und Traktor nach kurzer Zeit auf der Weide wieder vor der Werkstatt und ein deftiges „Sch***“ schallt über den Hof, dann ist mal wieder irgendwo eine Schraube ab gegangen, eine Feder raus gesprungen oder ähnliches. Glücklicherweise lässt sich das Meiste reparieren. 

Der wunderschöne Baumbestand an und in unseren Weiden führt im Spätsommer zu einigen Arbeitseinsätzen. Z. B. wenn in einen sehr heißen Sommer mit sehr wenig Gras ein sogenanntes „Eichelmastjahr“ fällt. Das bedingt sich mitunter sogar gegenseitig. Die Eiche denkt sich: „Verdammt wenig Wasser dieses Jahr, ich könnte sterben, also sorge ich mal für ganz viel Nachwuchs, sprich Eicheln“. Eicheln sind nicht per se giftig für Pferde, wie so häufig macht auch hier die Dosis das Gift. D. h. ein paar sind nicht schlimm, große Mengen aber schädlich. Und wenn nur wenig Gras da ist, nimmt Pony gerne die reichlich vorhandenen Eicheln. Das sorgt dann bei uns für einigen Aktionismus. In den letzten drei Jahren haben wir mit dem Rechen Berge von Eicheln zusammengerecht und wo das nicht mehr zu bewältigen war, Zäune gespannt. Ich sag euch, ich habe nachts von Eicheln geträumt und das war nicht schön…
Auch die Apfelbäume haben einiges an üppiger Frucht fallen lassen. Aber aus den Äpfeln kann man wenigstens noch Apfelkuchen machen. Und Apfel-Crumble. Und Apfelmus. Und Apfelsaft. Das entschädigt dann schon… 

Oft können unsere Pferde bis in den Dezember hinein den Weidegang genießen. Wenn es zu matschig wird oder das Gras zu kurz, stellen wir um auf die Winterstücke. 

Darauf folgt die Ruhephase: der Januar ist der einzige Monate, wo wirklich mal garnix auf unseren Weiden passiert. Wir erholen uns von den Weihnachtsvorbereitungen und die einzigen, die sich gelegentlich blicken lassen, sind die Wildschweine, die durch eifriges Graben dafür sorgen, dass uns im Februar gewiss nicht langweilig wird… 

Ich hoffe, euch hat die kleine Reise durch unser Weidejahr gefallen und es hat ein wenig Bewusstsein dafür geweckt, was an Wissen und Arbeit in einer simplen Wiese steckt. 

Quellen:
Online-Themenabend „Die Speisekarte der Pferde“ von Marc Lubetzki, 20.8.2020 
Jutta von Grone, „Die Pferdeweide – Ökologie, Nutzung und Pflege, Kompostwirtschaft“, Müller Rüschlikon Verlag, S.55, „Grasberg“

Füttern ist eigentlich ganz einfach…

Ein Pferd braucht Gras, Heu, Gehölze, Wasser, einen Leckstein und ein gutes Mineralfutter.

Danach sieht das auf dem Foto aber nicht aus?!?
Also doch ein komplexes Thema? Ja, und wieder eines, bei dem man nicht darum herum kommt, sich zu informieren, selbst nachzudenken und sein Pferd zu konsultieren.

Um ein paar Anregungen zu liefern, löse ich auf, was auf dem Bild alles zu sehen ist. Dafür fange ich an, wie ich es bei Constanze gelernt habe:


Was habe ich für ein Pferd?
Haflinger, im besten Alter (11 Jahre), leichtfuttrig und etwas zu mobbelig, eine ältere Verletzung in einem Gelenk, ein paar auffällige Werte im letzten Blutbild und die Hufe brechen häufig aus.


Was bekommt sie?
Beginnen wir mit dem, was nicht auf dem Bild zu sehen ist. Immer frisches Wasser, ein Salzleckstein und Rauhfutter. Beim Rauhfutter wird es dann schon ein wenig detaillierter.
Gras und Heu: Und ich weiß sogar grob, wie viel. Mein Mann hat im Winter, wenn nur Heu und kein Gras gefressen wird, den Gesamtverbrauch an Rundballen über einen Monat gezählt. Das Gewicht eines unserer Rundballen haben wir von „Mobiles Wiegeteam“ Silvia und Hans-Jürgen Suckow ermitteln lassen (sie wiegen nicht nur Pferde, sondern auch Ballen, Hänger,etc. Ganz herzige und engagierte Menschen, sehr zu empfehlen). Damit konnten wir den Durchschnittsverbrauch pro Tag und Pferd berechnen. Es ist ein Näherungswert, aber ein guter Anfang und diesen habe ich zugrunde gelegt bei der Berechnung des Mineralfutterbedarfs. Aber bleiben wir beim Rauhfutter.
Stroh: Tammi bekommt etwa 2-3 kg pro Tag, es hat etwas weniger Kalorien als Heu und schmeckt auch nicht so gut. Dementsprechend frisst sie es langsamer und nur, wenn sie wirklich hungrig ist. Allerdings ist bei leichtfuttrigen Pferden auch das Stroh zu rationeren, sonst werden die schmackhaften (und vermutlich kalorienreicheren) Teile weggeaast wie nix und davon wird der gemeine Haflinger eben auch fett. Das Stroh bekommt Tammi deshalb täglich bei der abendlichen Heufütterung. So hat sie in der Nacht etwas zum knabbern. Wie ich seit dem Kurs bei Constanze Röhm weiß, ist nicht nur die Futtermenge, sondern auch der Zeitpunkt enorm wichtig. Ich bin in der glücklichen Lage, mein Pony direkt vor der Haustür zu haben und sie viel beobachten zu können. Dabei ist mir irgendwann aufgefallen, dass sie am Nachmittag häufig ruht oder das Treiben am Hof beobachtet. Am frühen Morgen hingegen war sie oft extrem unruhig und hektisch wenn es raus auf Winterstück oder Weide geht. Dementsprechend bekommt sie jetzt am Nachmittag kein Heu und hat eine kleine Fresspause von 16-19 Uhr, die ihr offensichtlich nichts ausmacht. Dafür bekommt sie zu ihrer abendlichen Heuportion zusätzlich das Stroh und ist am Morgen wesentlich ruhiger und entspannter.
Gehölze: eigentlich möchte ich Tammi täglich 1,5 kg frisch geschnittene Gehölze anbieten, leider bekomme ich das zeitlich überhaupt nicht hin. Gerade im Winter fressen manche wild lebenden Pferde vermehrt Gehölze, da diese eine längere Verweildauer im Darm haben und damit das geringere Futterangebot im Winter etwas ausgeglichen wird. Jetzt ist das Futterangebot bei uns auch im Winter mehr als üppig, aber der Instinkt und das Bedürfnis nach Gehölzen ist sicher noch vorhanden. Und auch Gehölze haben weniger Kalorien als Heu (merkt ihr was? Meine nächste Anschaffung wird so eine tolle neue Fitnessuhr. Die bekommt Pony dann ums Fesselgelenk und es werden Schritte und Kalorien gezählt ;-)). Immerhin bieten wir seit diesem Winter Gehölze auf den Winterstücken an, aber auch hier wird nicht so oft frisch befüllt, wie ich das gerne hätte.

So, jetzt ist der Text schon doppelt so lang wie gedacht und ich komme (endlich) zum Foto.
In der großen Kiste ist „Pferdgerecht Futter Natur“. Eigentlich auch ein Rauhfutter, denn es besteht aus Gräsern, Kräutern, Rindenstücken,… Ein Händchen voll davon bildet die Basis, damit was schmackhaftes im Futtertrog ist. Ich bin seit Jahren ausgesprochen zufrieden damit, es ist von gleichbleibend guter Qualität und Tammi frisst es gerne.
Weiter geht es mit dem Mineralfutter. Hier habe ich mich für „Nösenberger Organic Allround“ bzw. während der Weidesaison „Nösenberger Organic Weide“ entschieden. Zum Einen, weil es eine Sommer- und Wintervariante gibt. Vitamine sind nicht lagerfähig, d. h. im Winter/Frühjahr, vor Beginn der Weidesaison, nehmen die Pferde deutlich weniger Vitamine über das Rauhfutter zu sich. Auch Vitamin D steht weniger zur Verfügung. Das ist dann im Allround mit drin, wogegen einzelne Vitamine in der Weide-Variante reduziert sind. Zum Zweiten ist dieses Mineralfutter hoch dosiert. Ich muss davon nur halb so viel füttern wie z. B. von einem ähnlichen Produkt von Agrobs. Die Dosierung des Mineralfutters habe ich mit Hilfe der Heuanalyse errechnet. Drittens frisst Tammi es, im Gegensatz zu anderen Mineralfuttern, auch langfristig.

Jetzt kommen wir zu den „Specials“
Biotin für die Hufe. Da ich das Biotin zeitgleich zum Wechsel vom Hufschmied zu einer sehr engagierten Huforthopädin gekauft habe, kann ich nicht sagen, ob das Hufhorn durch das Biotin oder die Hufbearbeitung besser geworden ist. Aber erfreulicherweise ist es das und (never change a running Systen) deshalb füttere ich das Biotin erst mal weiter. Dosierung habe ich ebenfalls berechnet (Bedarf – Wert aus der Heuanalyse – Menge im Mineralfutter und ggf. anderen Futtermitteln = Fütterungsmenge).

Rote Beete Granulat (umgefüllt in einen der grünen Eimer, weil es im Papiersack geliefert wurde) füttere ich wegen des darin enthaltenen Selen. Ob es was bringt, wird die nächste Blutuntersuchung zeigen. Tammi jedenfalls liebt ihre Rote Beete.

Bitterkräuter oder Fenchel-Anis-Kümmel von PerNaturam bekommt Tammi für die Verdauung. Zum Anweiden sollen die Ostpreußen-Kräuter sehr gut sein, das werde ich im Frühjahr testen. Anlass zur Fütterung der Kräuter waren auffällige Blutwerte, hier muss die Nachkontrolle ebenfalls noch zeigen, ob die Kräuter die gewünschte Wirkung zeigen.

Zum Schluss noch ein Gelenkpräparat, hier das Come Back von Dr. Schaette. Tammi hatte 2018 eine Verletzung am Meniskus, solche Verletzungen bleiben ein Schwachpunkt im Körper. Wenn Belastungen für den Bewegungsapparat absehbar sind, z.B. das Toben wenn es im Frühjahr zum ersten Mal auf die Weiden geht, bekommt sie vorbeugend ein wenig Unterstützung für die Gelenke. Da die Wirksamkeit solcher Futtermittel für mich überhaupt nicht überprüfbar ist, muss ich hier einfach hoffen, dass die schönen Worte auf der Packung einen gewissen Wahrheitsgehalt haben.

Generell achte ich darauf, Futtermittel zu kaufen, bei denen sowohl die Inhaltsstoffe als auch die Analysewerte vollständig angegeben sind. Zur Not frage ich diesbezüglich beim Hersteller nach und habe größtenteils eine Antwort bekommen (z.B. beim Olewo Rote Beete Granulat kam prompt die Antwort mit dem exakten Selen-Wert). Damit kann ich auch mit dem ganzen Futter-Wirr-Warr noch nachrechnen, ob irgendein Element völlig Über- oder Unterdosiert ist.

Ich hoffe, ich konnte ein wenig Inspiration und Orientierung bieten und wünsche viel Spaß auf dem weiten Feld der Galoppstrecken, äh, Pferdefütterung 😉

Tageskurs „Futterberatung“ mit Constanze Röhm

Am 5.5.2018 habe ich den Tageskurs „Futterberatung“ von Constanze Röhm besucht. Organisiert hat diesen spannenden Tag die Freestyle Horse Agility e. V. An dieser Stelle möchte ich ein dickes Dankeschön an die Freestyle Horse Agility e. V. aussprechen, dass der Kurs trotz der Schlammlawine, die den Hof ein paar Tage zuvor überrollt hatte, stattfinden konnte!!!

Leider hat es eine ganze Weile gedauert, meine 11 Seiten Mitschrift zu ordnen, aber jetzt habe ich es geschafft und möchte euch an meinen Erkenntnissen teilhaben lassen.

Zunächst mal eine sehr gute Nachricht: Deutsche Pferde waren noch nie so gesund! Und sie sind noch nie im Durchschnitt so alt geworden.

Um sein Pferd richtig zu füttern, sollte man sich über folgendes Gedanken machen:

Teil 1: Was habe ich für ein Pferd?

Möchte ich mein Pferd richtig ernähren, muss ich zunächst schauen, was ich für ein Pferd habe. Hierzu kann man sich dessen Herkunft anschauen. Es gibt eine Genstudie vom Pferd auf englisch (Jansen 2002), die laut Constanze sehr interessant ist. Ich habe sie nicht gelesen, was einfach mit Zeitmangel zu tun hat. Kurz notiert habe ich mir, dass Lusitano und PRE genetisch näher am Shetty als am Araber liegen, also leichtfuttrig sind.

Es gibt eine vereinfachte Einteilung der Pferde in vier Urtypen. Diese ist wissenschaftlich nicht ganz korrekt, aber recht anschaulich:

Das Tundrapferd lebte in riesigen Herden, es gab innerhalb dieser Herden keine lineare Rangfolge, sondern eher „Lobbygruppen“. Das Tundrapferd hatte wenig Interesse an Konflikten und verbrachte viel Zeit mit der Nahrungsaufnahme. Kein Gras sondern Buschwerk und Gehölz.

Das Nordpferd lebte im Wald in kleinen Herden. Das Nordpferd ist kein Flucht- sondern ein Tarntier. Und auch das Nordpferd fraß kein Gras sondern Buschwerk und Gehölz.

Das Steppenpferd ist dann endlich mal so, wie wir uns die Vorfahren unserer Pferde vorstellen: Grasfresser und Fluchttier.

Gänzlich unbekannt war mir das Ramskopfpferd. Dieses wanderte durch alle Regionen und war recht agressiv.

Unsere heutigen Pferderassen weisen jeweils Merkmale dieser Urtypen auf. So ist der Haflinger tendenziell ein Nordpferd. Das kann ich bestätigen, Tammi ist eindeutig ein Tarntier. Was sowohl an der Matschkruste, als auch am erstarrt stehen bleiben bei „Gefahr“ zu erkennen ist.

Für unsere Pferdefütterung bedeutet das erst mal: nicht alle Pferde sind auf Gras und Heu ausgelegt, einige sind eher Laub- und Gehölzfresser.

Weiß man nichts genaues über die Herkunft seines Pferdes, kann man auch aus ein paar simplen Merkmalen recht gut Rückschlüsse auf Fressverhalten und benötigtes Futter ziehen:

Kiefer: Pferde mit breiten Kiefer kauen effektiver, d. h. Sie verwerten ihr Futter besser.

Rumpf: Je runder der Rumpf, desto mehr passt rein, dazu komme ich später genauer.

Vorderbeine: Die Länge der Vorderbeine beeinflusst die Gangweise und damit den Futterbedarf. Viele kleine Trippelschritte verbrauchen mehr Energie als langbeiniges Schreiten.

Muskeln: viele Muskeln brauchen viel Eiweiß, Zink, Kupfer und Cobalt

Haare: viele Haare brauchen viel Eiweiß

Teil 2: Wie frisst mein Pferd?

Sättigungsgrenze

Die Studie, die zu dem Schluss kam, dass die Kauschlagmenge die Sättigung bestimmt, ist inzwischen widerlegt. Heute geht man von drei Faktoren aus, die bestimmen, wo die Sättigungsgrenze beim Pferd liegt.

Zum einen gibt es einen Dehnungsrezeptor im Darm. Dieser signalisiert, wann der Darm ausreichend gefüllt ist. Die Größe von Herz, Lunge, Milz und Leber richtet sich nach dem Stockmaß. D. h. ein Kaltblut mit 1,60 m Stockmaß hat ein gleich großes Herz,… wie ein Vollblut mit 1,60. Anders das Darminnenvolumen. Der Darm füllt sozusagen den restlichen Platz aus, dementsprechend hat ein rundrippiges Pferd bei gleicher Größe viel mehr Platz im Darm. Mehr Platz für Bakterien, mehr Platz für Verdauung, mehr Platz für Futter… Es passt mehr rein und das wird auch noch länger und besser verdaut. Bei schmalen Rippen verhält es sich entsprechend umgekehrt. Trotzdem sollte (auch beim rundrippigen Pferd) der Darm möglichst gleichmäßig gefüllt sein, da der Fermentierungsprozess wie in der Biogasanlage gleichförmig verlaufen muss.

Der zweite Faktor, der die Sättigungsgrenze bestimmt, ist der Blutzuckerspiegel. Sinkt der Blutzucker zu stark ab, reagieren Pferde (ähnlich wie Frauen) verhaltensauffällig…

Als drittes kommt der Temperaturrezeptor ins Spiel: bei Kälte brauchen Pferde mehr Futter. Das kann ich absolut bestätigen, wir füttern inzwischen an kühleren Tagen deutlich mehr Heu als an wärmeren, da sonst zu schnell alles weg ist oder eben Heu liegen bleibt.

Fresszyklus

Der individuelle Fresszyklus, also wann und wie lange ein Pferd frisst, wann es Pausen macht, ausruht und weiter frisst, ist genetisch festgelegt und ändert sich auch nicht, wenn wir Menschen in diesen Zyklus eingreifen. Das Pferd produziert Speichel und Magensäure entsprechend seinem eigenen Fresszyklus. Greifen wir durch Futterrationierung, feste Fütterungszeiten und ähnliches in diesen ein, wird zu viel Magensäure produziert und der Magen kann sich entzünden.

Jetzt weiß ich schon mal, dass mein Pferd eine Sättigungsgrenze und einen Fresszyklus hat, aber wie finde ich heraus, wieviel Rauhfutter mein Pferd effektiv braucht und wann? Wenn man die Möglichkeit dazu hat, kann man sein Pferd mindestens 6 Stunden lang mit sehr viel Heu (vorher abwiegen) separat stellen und beobachten. In den 6 Stunden dokumentiert man den Fresszyklus, danach wiegt man das übrig gebliebene Heu. Das rechnet man auf 14 Stunden hoch und weiß zumindest schon mal, wann und wie viel das Pferd frisst, wenn es kann wie es möchte.

Teil 3: Und was und wie fütter ich jetzt?

Wirklich schön, das alles zu wissen, aber was fange ich mit dem Wissen an? Leider hat alles was jetzt kommt ziemlich viel mit selbst denken und rechnen zu tun. Nachdem ich weiß, wie viel Rauhfutter mein Pferd frisst, lasse ich mir die Heuanalysewerte meines Stallbetreibers geben (leider muss ich das selbst machen).

Danach rechne ich aus, wieviel mein Pferd wovon braucht, stelle dem gegenüber, wieviel in der gefütterten Rauhfuttermenge drin ist und ergänze den Rest mit Kraftfutter. Oder, wenn zum Beispiel mehr Energie im Rauhfutter drin ist, als mein Pferd braucht, ersetzt ich einen Teil Gras/Heu durch kalorienärmeres Rauhfutter (z.B. Stroh und Gehölze). Ganz einfach…

Bedarf ermitteln

Hier muss ich auf Literatur verweisen: in „Purzel speckt ab!“ von Constanze Röhm wird es genau erklärt, ich kann‘s nicht. Ich habe mir im Kurs lediglich Tammis Bedarf notiert:

Energiebedarf ca 40-65 MJ ME

Eiweißbedarf ca 355 g dünndarmverdauliches Eiweiß

+ 10% für viele Haare und noch mal + 10% für viele Muskeln,

macht zusammen 425g

Bedarf an Mengen- und Spurenelementen: Die Grundwerte finden sich in der gängigen Literatur oder im o. g. Buch (das nebenbei bemerkt auch sehr unterhaltsam zu lesen und als Nachschlagewerk extrem hilfreich ist). Diese Grundwerte passe ich noch entsprechend der Eigenheiten meines Pferdes (viele Haare, viele Muskeln,…) an.

Um es nicht zu einfach werden zu lassen, noch ein paar Dinge, die es zu bedenken gilt:

Vitamine sind nicht lagerfähig, d.h. gegen Ende des Winters und vor Beginn der Weidesaison enthält das Heu weniger Vitamine. Mit Beginn der Weidesaison kommen frische Vitamine über’s Gras rein, auch wenn parallel noch Heu aus der Vorjahresernte gefüttert wird.

Ein Pferd kann 2g Stärke pro 1kg Körpergewicht verwerten, wenn es auf zwei Mahlzeiten verteilt wird. Mehr füttern bringt nix.

Milchprodukte kann ein Pferd nicht verwerten!!!

Maximal 2-4g Gehölze pro kg Körpermasse füttern, macht etwa 1,5 kg pro Tag.

Muss man von Heu auf Gras umrechnen (auch das noch) gilt folgende Faustregel: Trockenmasse von Gras = 15%

Füttert man Heu aus zu engmaschigen Heunetzen, braucht das Pferd sehr viel länger, um seine Sättigungsgrenze zu erreichen. Um satt zu werden, nutzt das Pferd dann seine Schlafzeit zum Fressen und es kann zu Übermüdungserkrankungen kommen.

Bei Kotwasser/Durchfall hat das Pferd einen erhöhten Nährstoffbedarf (in der Bedarfsrechnung berücksichtigen), da normalerweise am Ende des Dünndarms die zur Verdauung benötigen Nährstoffe wieder zurück gewonnen und wiederverwertet werden. Das funktioniert bei Durchfall/Kotwasser eben nicht.

Ich hätte dann noch Infos, die es etwas einfacher machen (na endlich):

Luzerne enthält viel Eiweiß und wenig Kalorien, geeignet für haarige Pummelchen.

Mineralfutter von regionalen Herstellern ist auf die lokalen Böden und das darauf wachsende Heu abgestimmt. Damit könnte man ohne viel Rechnerei richtig liegen.

Teil 4: Magen-Darm-Erkrankungen frühzeitig erkennen

Den Teil, wie man eine Magen-/Darmerkrankung frühzeitig erkennt, fasse ich kurz. Ich möchte jeden dringend bitten, einen Tierarzt zu fragen, wenn sich das Pferd auffällig verhält, ein Blogbeitrag kann keine Diagnostik leisten!

Mögliche Erkennungszeichen für Magen-Darm-Erkrankungen sind:

  • Axthieb
  • Taktfehler
  • Eingezogener Bauch
  • Schmerzgesicht
  • Kopf-Arm-Muskel angespannt
  • Unspezifische Lungenprobleme
  • Schmerzen beim Gurten
  • Pferd versucht die linke Seite „kurz“ zu halten

Jedes dieser Anzeichen kann aber auch andere Ursachen haben, also bitte wirklich genau hinschauen und im Zweifel eine Fachfrau / einen Fachmann fragen..

Nette Nebeninfos

In der Anweidezeit das Pferd möglichst viel bewegen. Kotwasser im Frühling beim Anweiden ist normal. Futter ggf. anpassen (siehe oben). Eine häufige Ursache von Kotwasser ist Bewegungsmangel. Ist es nach zwei Stunden reiten besser, kann man mal in diese Richtung denken.

Wasserspeicherkapazität: rundruppige Pferde können im Darm Wasser speichern. Deshalb sehen sie nach der Weide oft so aufgebläht aus. Ist aber nur Wasser. Schmalrippige Pferde können das nicht. Selbstverständlich sollte allen Pferden immer frisches Wasser zur Verfügung stehen, aber bei den schmalrippigen ist das noch mal wichtiger.

Pferde dürfen schwitzen. Es ist weder ungesund, noch besonders belastend oder sonstwas, sondern schlicht und ergreifend normal. Aber warum schwitzen manche Pferde mehr als andere? Das liegt daran, dass manche Pferderassen eine Unterhautfettschicht haben. Diese ist genetisch vorbestimmt und sehr wichtig zum warm halten der Muskeln und sollte nicht wegtrainiert oder -diätet werden! Der Aufbau der Haut ist bei diesen Rassen (z.B. Norweger): Fell, darunter Fett, darunter Muskeln und Adern. Bei Pferden ohne Unterhautfettschicht ist der Aufbau: Fell, Adern und Muskeln. Liegen die Adern direkt unterm Fell, lässt sich der Körper allein schon durch starkes Durchbluten dieser Adern gut kühlen. Unsere Unterhautfettschichtpummelchen müssen stattdessen halt schwitzen. Scheren sollte man trotzdem so wenig wie möglich. Das Schwitzen schüttet Hormone aus und regt damit den Fellwechsel an. Geschorenen Pferden fehlt dieser „Schwitzimpuls“ und der Fellwechsel dauert länger.

Manche Rassen treiben es mit dem warm halten noch weiter. Sie können im Winter ihre Haut um 1 mm verdicken. Das nennt man Epidermisverdickung. Im Frühjahr schuppt das auf ein mal ab. Auch wenn dieses Thema ganze Foren und Mittel dagegen ganze Regale im Pferdefachmarkt füllen: man kann und muss nichts dagegen tun, es ist normal.

Fragerunde

Die Chance, Constanze ein paar Fragen zu stellen, habe ich gerne genutzt.

Meine erste Frage bezog sich auf den Fitnesstest („Purzel speckt ab“ S.104ff): Wie dokumentiere ich die Pulswerte während des Reitens? Mit der Diktiergerät-Funktion vom Handy.

Dann wollte ich gerne wissen, wie ich eine Heuanalyse mache, wenn das Heu von verschiedenen Wiesen/Lieferanten kommt? Die Lösung ist eine Mischprobe. Man nehme Proben von verschiedenen Ballen, aus verschiedenen Schichten (das kann man mit einem Ampferstecher aus den Ballen raus holen, ist ein ziemlicher Kraftakt, hab ich schon gemacht). Wichtig ist, dass die Ballen abgelagert sind. Im ersten Jahr testet man auf alles, im zweiten ohne Spurenelemente (die bleiben ähnlich) und im dritten nur noch auf ME (Energie) und bvXP (dünndarmverdauliches Rohprotein).

Auf die Frage, wie wir Stroh ins Futtermanagement integrieren können, haben wir leider keine realisierbare Lösung gefunden, aber das ist ja auch sehr spezifisch und hätte im Rahmen des Kurses zu weit geführt.

Mein persönliches Fazit

Es war ein sehr schöner, spannender aber auch anstrengender Tag. Wer Constanzes Bücher kennt, weiß, dass sie unglaublich spannend und witzig schreiben kann und „live“ ist es nicht anders. Gleichzeitig ist der Anteil an fundierten Informationen sehr hoch und man möchte sich das natürlich alles gerne merken! Mein Kopf hat gequalmt und ich bin müde aber zufrieden nach Hause gewankt.

Da Wissen allein das Pony nicht satt macht, hier meine persönliche To Do Liste aus dem Kurs:

  • Eine Heuanalyse machen lassen.
  • Herausfinden, wie viel mein Pony frisst.
  • Mit den Ergebnissen der Analyse das Mineralfutter auswählen.
  • Sehr wahrscheinlich Eiweiß (Luzerne) zufüttern.

Ich habe natürlich nur das mitgeschrieben, was für mich interessant und relevant ist. Es ist also nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Kurstag und ich würde auch nicht ausschließen, dass ich was falsch verstanden oder wiedergegeben habe. Trotzdem hoffe ich, dass es interessant zu lesen war. In diesem Sinne: frohes Rationsberechnen 😉