Tageskurs „Futterberatung“ mit Constanze Röhm

Am 5.5.2018 habe ich den Tageskurs „Futterberatung“ von Constanze Röhm besucht. Organisiert hat diesen spannenden Tag die Freestyle Horse Agility e. V. An dieser Stelle möchte ich ein dickes Dankeschön an die Freestyle Horse Agility e. V. aussprechen, dass der Kurs trotz der Schlammlawine, die den Hof ein paar Tage zuvor überrollt hatte, stattfinden konnte!!!

Leider hat es eine ganze Weile gedauert, meine 11 Seiten Mitschrift zu ordnen, aber jetzt habe ich es geschafft und möchte euch an meinen Erkenntnissen teilhaben lassen.

Zunächst mal eine sehr gute Nachricht: Deutsche Pferde waren noch nie so gesund! Und sie sind noch nie im Durchschnitt so alt geworden.

Um sein Pferd richtig zu füttern, sollte man sich über folgendes Gedanken machen:

Teil 1: Was habe ich für ein Pferd?

Möchte ich mein Pferd richtig ernähren, muss ich zunächst schauen, was ich für ein Pferd habe. Hierzu kann man sich dessen Herkunft anschauen. Es gibt eine Genstudie vom Pferd auf englisch (Jansen 2002), die laut Constanze sehr interessant ist. Ich habe sie nicht gelesen, was einfach mit Zeitmangel zu tun hat. Kurz notiert habe ich mir, dass Lusitano und PRE genetisch näher am Shetty als am Araber liegen, also leichtfuttrig sind.

Es gibt eine vereinfachte Einteilung der Pferde in vier Urtypen. Diese ist wissenschaftlich nicht ganz korrekt, aber recht anschaulich:

Das Tundrapferd lebte in riesigen Herden, es gab innerhalb dieser Herden keine lineare Rangfolge, sondern eher „Lobbygruppen“. Das Tundrapferd hatte wenig Interesse an Konflikten und verbrachte viel Zeit mit der Nahrungsaufnahme. Kein Gras sondern Buschwerk und Gehölz.

Das Nordpferd lebte im Wald in kleinen Herden. Das Nordpferd ist kein Flucht- sondern ein Tarntier. Und auch das Nordpferd fraß kein Gras sondern Buschwerk und Gehölz.

Das Steppenpferd ist dann endlich mal so, wie wir uns die Vorfahren unserer Pferde vorstellen: Grasfresser und Fluchttier.

Gänzlich unbekannt war mir das Ramskopfpferd. Dieses wanderte durch alle Regionen und war recht agressiv.

Unsere heutigen Pferderassen weisen jeweils Merkmale dieser Urtypen auf. So ist der Haflinger tendenziell ein Nordpferd. Das kann ich bestätigen, Tammi ist eindeutig ein Tarntier. Was sowohl an der Matschkruste, als auch am erstarrt stehen bleiben bei „Gefahr“ zu erkennen ist.

Für unsere Pferdefütterung bedeutet das erst mal: nicht alle Pferde sind auf Gras und Heu ausgelegt, einige sind eher Laub- und Gehölzfresser.

Weiß man nichts genaues über die Herkunft seines Pferdes, kann man auch aus ein paar simplen Merkmalen recht gut Rückschlüsse auf Fressverhalten und benötigtes Futter ziehen:

Kiefer: Pferde mit breiten Kiefer kauen effektiver, d. h. Sie verwerten ihr Futter besser.

Rumpf: Je runder der Rumpf, desto mehr passt rein, dazu komme ich später genauer.

Vorderbeine: Die Länge der Vorderbeine beeinflusst die Gangweise und damit den Futterbedarf. Viele kleine Trippelschritte verbrauchen mehr Energie als langbeiniges Schreiten.

Muskeln: viele Muskeln brauchen viel Eiweiß, Zink, Kupfer und Cobalt

Haare: viele Haare brauchen viel Eiweiß

Teil 2: Wie frisst mein Pferd?

Sättigungsgrenze

Die Studie, die zu dem Schluss kam, dass die Kauschlagmenge die Sättigung bestimmt, ist inzwischen widerlegt. Heute geht man von drei Faktoren aus, die bestimmen, wo die Sättigungsgrenze beim Pferd liegt.

Zum einen gibt es einen Dehnungsrezeptor im Darm. Dieser signalisiert, wann der Darm ausreichend gefüllt ist. Die Größe von Herz, Lunge, Milz und Leber richtet sich nach dem Stockmaß. D. h. ein Kaltblut mit 1,60 m Stockmaß hat ein gleich großes Herz,… wie ein Vollblut mit 1,60. Anders das Darminnenvolumen. Der Darm füllt sozusagen den restlichen Platz aus, dementsprechend hat ein rundrippiges Pferd bei gleicher Größe viel mehr Platz im Darm. Mehr Platz für Bakterien, mehr Platz für Verdauung, mehr Platz für Futter… Es passt mehr rein und das wird auch noch länger und besser verdaut. Bei schmalen Rippen verhält es sich entsprechend umgekehrt. Trotzdem sollte (auch beim rundrippigen Pferd) der Darm möglichst gleichmäßig gefüllt sein, da der Fermentierungsprozess wie in der Biogasanlage gleichförmig verlaufen muss.

Der zweite Faktor, der die Sättigungsgrenze bestimmt, ist der Blutzuckerspiegel. Sinkt der Blutzucker zu stark ab, reagieren Pferde (ähnlich wie Frauen) verhaltensauffällig…

Als drittes kommt der Temperaturrezeptor ins Spiel: bei Kälte brauchen Pferde mehr Futter. Das kann ich absolut bestätigen, wir füttern inzwischen an kühleren Tagen deutlich mehr Heu als an wärmeren, da sonst zu schnell alles weg ist oder eben Heu liegen bleibt.

Fresszyklus

Der individuelle Fresszyklus, also wann und wie lange ein Pferd frisst, wann es Pausen macht, ausruht und weiter frisst, ist genetisch festgelegt und ändert sich auch nicht, wenn wir Menschen in diesen Zyklus eingreifen. Das Pferd produziert Speichel und Magensäure entsprechend seinem eigenen Fresszyklus. Greifen wir durch Futterrationierung, feste Fütterungszeiten und ähnliches in diesen ein, wird zu viel Magensäure produziert und der Magen kann sich entzünden.

Jetzt weiß ich schon mal, dass mein Pferd eine Sättigungsgrenze und einen Fresszyklus hat, aber wie finde ich heraus, wieviel Rauhfutter mein Pferd effektiv braucht und wann? Wenn man die Möglichkeit dazu hat, kann man sein Pferd mindestens 6 Stunden lang mit sehr viel Heu (vorher abwiegen) separat stellen und beobachten. In den 6 Stunden dokumentiert man den Fresszyklus, danach wiegt man das übrig gebliebene Heu. Das rechnet man auf 14 Stunden hoch und weiß zumindest schon mal, wann und wie viel das Pferd frisst, wenn es kann wie es möchte.

Teil 3: Und was und wie fütter ich jetzt?

Wirklich schön, das alles zu wissen, aber was fange ich mit dem Wissen an? Leider hat alles was jetzt kommt ziemlich viel mit selbst denken und rechnen zu tun. Nachdem ich weiß, wie viel Rauhfutter mein Pferd frisst, lasse ich mir die Heuanalysewerte meines Stallbetreibers geben (leider muss ich das selbst machen).

Danach rechne ich aus, wieviel mein Pferd wovon braucht, stelle dem gegenüber, wieviel in der gefütterten Rauhfuttermenge drin ist und ergänze den Rest mit Kraftfutter. Oder, wenn zum Beispiel mehr Energie im Rauhfutter drin ist, als mein Pferd braucht, ersetzt ich einen Teil Gras/Heu durch kalorienärmeres Rauhfutter (z.B. Stroh und Gehölze). Ganz einfach…

Bedarf ermitteln

Hier muss ich auf Literatur verweisen: in „Purzel speckt ab!“ von Constanze Röhm wird es genau erklärt, ich kann‘s nicht. Ich habe mir im Kurs lediglich Tammis Bedarf notiert:

Energiebedarf ca 40-65 MJ ME

Eiweißbedarf ca 355 g dünndarmverdauliches Eiweiß

+ 10% für viele Haare und noch mal + 10% für viele Muskeln,

macht zusammen 425g

Bedarf an Mengen- und Spurenelementen: Die Grundwerte finden sich in der gängigen Literatur oder im o. g. Buch (das nebenbei bemerkt auch sehr unterhaltsam zu lesen und als Nachschlagewerk extrem hilfreich ist). Diese Grundwerte passe ich noch entsprechend der Eigenheiten meines Pferdes (viele Haare, viele Muskeln,…) an.

Um es nicht zu einfach werden zu lassen, noch ein paar Dinge, die es zu bedenken gilt:

Vitamine sind nicht lagerfähig, d.h. gegen Ende des Winters und vor Beginn der Weidesaison enthält das Heu weniger Vitamine. Mit Beginn der Weidesaison kommen frische Vitamine über’s Gras rein, auch wenn parallel noch Heu aus der Vorjahresernte gefüttert wird.

Ein Pferd kann 2g Stärke pro 1kg Körpergewicht verwerten, wenn es auf zwei Mahlzeiten verteilt wird. Mehr füttern bringt nix.

Milchprodukte kann ein Pferd nicht verwerten!!!

Maximal 2-4g Gehölze pro kg Körpermasse füttern, macht etwa 1,5 kg pro Tag.

Muss man von Heu auf Gras umrechnen (auch das noch) gilt folgende Faustregel: Trockenmasse von Gras = 15%

Füttert man Heu aus zu engmaschigen Heunetzen, braucht das Pferd sehr viel länger, um seine Sättigungsgrenze zu erreichen. Um satt zu werden, nutzt das Pferd dann seine Schlafzeit zum Fressen und es kann zu Übermüdungserkrankungen kommen.

Bei Kotwasser/Durchfall hat das Pferd einen erhöhten Nährstoffbedarf (in der Bedarfsrechnung berücksichtigen), da normalerweise am Ende des Dünndarms die zur Verdauung benötigen Nährstoffe wieder zurück gewonnen und wiederverwertet werden. Das funktioniert bei Durchfall/Kotwasser eben nicht.

Ich hätte dann noch Infos, die es etwas einfacher machen (na endlich):

Luzerne enthält viel Eiweiß und wenig Kalorien, geeignet für haarige Pummelchen.

Mineralfutter von regionalen Herstellern ist auf die lokalen Böden und das darauf wachsende Heu abgestimmt. Damit könnte man ohne viel Rechnerei richtig liegen.

Teil 4: Magen-Darm-Erkrankungen frühzeitig erkennen

Den Teil, wie man eine Magen-/Darmerkrankung frühzeitig erkennt, fasse ich kurz. Ich möchte jeden dringend bitten, einen Tierarzt zu fragen, wenn sich das Pferd auffällig verhält, ein Blogbeitrag kann keine Diagnostik leisten!

Mögliche Erkennungszeichen für Magen-Darm-Erkrankungen sind:

  • Axthieb
  • Taktfehler
  • Eingezogener Bauch
  • Schmerzgesicht
  • Kopf-Arm-Muskel angespannt
  • Unspezifische Lungenprobleme
  • Schmerzen beim Gurten
  • Pferd versucht die linke Seite „kurz“ zu halten

Jedes dieser Anzeichen kann aber auch andere Ursachen haben, also bitte wirklich genau hinschauen und im Zweifel eine Fachfrau / einen Fachmann fragen..

Nette Nebeninfos

In der Anweidezeit das Pferd möglichst viel bewegen. Kotwasser im Frühling beim Anweiden ist normal. Futter ggf. anpassen (siehe oben). Eine häufige Ursache von Kotwasser ist Bewegungsmangel. Ist es nach zwei Stunden reiten besser, kann man mal in diese Richtung denken.

Wasserspeicherkapazität: rundruppige Pferde können im Darm Wasser speichern. Deshalb sehen sie nach der Weide oft so aufgebläht aus. Ist aber nur Wasser. Schmalrippige Pferde können das nicht. Selbstverständlich sollte allen Pferden immer frisches Wasser zur Verfügung stehen, aber bei den schmalrippigen ist das noch mal wichtiger.

Pferde dürfen schwitzen. Es ist weder ungesund, noch besonders belastend oder sonstwas, sondern schlicht und ergreifend normal. Aber warum schwitzen manche Pferde mehr als andere? Das liegt daran, dass manche Pferderassen eine Unterhautfettschicht haben. Diese ist genetisch vorbestimmt und sehr wichtig zum warm halten der Muskeln und sollte nicht wegtrainiert oder -diätet werden! Der Aufbau der Haut ist bei diesen Rassen (z.B. Norweger): Fell, darunter Fett, darunter Muskeln und Adern. Bei Pferden ohne Unterhautfettschicht ist der Aufbau: Fell, Adern und Muskeln. Liegen die Adern direkt unterm Fell, lässt sich der Körper allein schon durch starkes Durchbluten dieser Adern gut kühlen. Unsere Unterhautfettschichtpummelchen müssen stattdessen halt schwitzen. Scheren sollte man trotzdem so wenig wie möglich. Das Schwitzen schüttet Hormone aus und regt damit den Fellwechsel an. Geschorenen Pferden fehlt dieser „Schwitzimpuls“ und der Fellwechsel dauert länger.

Manche Rassen treiben es mit dem warm halten noch weiter. Sie können im Winter ihre Haut um 1 mm verdicken. Das nennt man Epidermisverdickung. Im Frühjahr schuppt das auf ein mal ab. Auch wenn dieses Thema ganze Foren und Mittel dagegen ganze Regale im Pferdefachmarkt füllen: man kann und muss nichts dagegen tun, es ist normal.

Fragerunde

Die Chance, Constanze ein paar Fragen zu stellen, habe ich gerne genutzt.

Meine erste Frage bezog sich auf den Fitnesstest („Purzel speckt ab“ S.104ff): Wie dokumentiere ich die Pulswerte während des Reitens? Mit der Diktiergerät-Funktion vom Handy.

Dann wollte ich gerne wissen, wie ich eine Heuanalyse mache, wenn das Heu von verschiedenen Wiesen/Lieferanten kommt? Die Lösung ist eine Mischprobe. Man nehme Proben von verschiedenen Ballen, aus verschiedenen Schichten (das kann man mit einem Ampferstecher aus den Ballen raus holen, ist ein ziemlicher Kraftakt, hab ich schon gemacht). Wichtig ist, dass die Ballen abgelagert sind. Im ersten Jahr testet man auf alles, im zweiten ohne Spurenelemente (die bleiben ähnlich) und im dritten nur noch auf ME (Energie) und bvXP (dünndarmverdauliches Rohprotein).

Auf die Frage, wie wir Stroh ins Futtermanagement integrieren können, haben wir leider keine realisierbare Lösung gefunden, aber das ist ja auch sehr spezifisch und hätte im Rahmen des Kurses zu weit geführt.

Mein persönliches Fazit

Es war ein sehr schöner, spannender aber auch anstrengender Tag. Wer Constanzes Bücher kennt, weiß, dass sie unglaublich spannend und witzig schreiben kann und „live“ ist es nicht anders. Gleichzeitig ist der Anteil an fundierten Informationen sehr hoch und man möchte sich das natürlich alles gerne merken! Mein Kopf hat gequalmt und ich bin müde aber zufrieden nach Hause gewankt.

Da Wissen allein das Pony nicht satt macht, hier meine persönliche To Do Liste aus dem Kurs:

  • Eine Heuanalyse machen lassen.
  • Herausfinden, wie viel mein Pony frisst.
  • Mit den Ergebnissen der Analyse das Mineralfutter auswählen.
  • Sehr wahrscheinlich Eiweiß (Luzerne) zufüttern.

Ich habe natürlich nur das mitgeschrieben, was für mich interessant und relevant ist. Es ist also nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Kurstag und ich würde auch nicht ausschließen, dass ich was falsch verstanden oder wiedergegeben habe. Trotzdem hoffe ich, dass es interessant zu lesen war. In diesem Sinne: frohes Rationsberechnen 😉

Ein Kommentar zu “Tageskurs „Futterberatung“ mit Constanze Röhm

  1. Pingback: Füttern ist eigentlich ganz einfach… – ponyglueck

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