Beobachtet man im Sommer Pferde auf einer Weide, so wird man häufig sehen, dass zwei Pferde zusammen stehen und dösen. Dabei hat jedes Pferd den Kopf auf Höhe der Hinterhand seines Partners und beide verscheuchen mit ihrem Schweif die Fliegen aus dem Gesicht des Anderen.
Beobachtet man im Sommer einen Menschen beim Putzen seines Pferdes, so wird man häufig sehen, wie der Mensch die Hinterhufe seines Pferdes auskratzt, dabei den Schweif seines Pferdes ins Gesicht geschlagen bekommt und anfängt, fürchterlich mit seinem Pferd zu schimpfen.
Sollte das Pferd jemals in seinem Leben darauf kommen, dass mit dem Schimpfen sein Schweif gemeint ist, so wird es sich (je nach Temprament) vermutlich denken: „Du Depp, wenn du nicht willst, dass ich dir die Fliegen verscheuche, dann halte doch dein Gesicht nicht an meinen Hintern!“ oder „Oh gottohgott, das wollte ich nicht, herrje, wenn ich das nur gewusst hätte, aber das ist so ein Reflex, ich kann nichts dagegen tun, wir können niemals zusammen glücklich werden…“
Ja, Schweif im Gesicht ist Scheiße, aber ob Schimpfen was bringt?
Ein Pferd braucht Gras, Heu, Gehölze, Wasser, einen Leckstein und ein gutes Mineralfutter.
Danach sieht das auf dem Foto aber nicht aus?!? Also doch ein komplexes Thema? Ja, und wieder eines, bei dem man nicht darum herum kommt, sich zu informieren, selbst nachzudenken und sein Pferd zu konsultieren.
Um ein paar Anregungen zu liefern, löse ich auf, was auf dem Bild alles zu sehen ist. Dafür fange ich an, wie ich es bei Constanze gelernt habe:
Was habe ich für ein Pferd? Haflinger, im besten Alter (11 Jahre), leichtfuttrig und etwas zu mobbelig, eine ältere Verletzung in einem Gelenk, ein paar auffällige Werte im letzten Blutbild und die Hufe brechen häufig aus.
Was bekommt sie? Beginnen wir mit dem, was nicht auf dem Bild zu sehen ist. Immer frisches Wasser, ein Salzleckstein und Rauhfutter. Beim Rauhfutter wird es dann schon ein wenig detaillierter. Gras und Heu: Und ich weiß sogar grob, wie viel. Mein Mann hat im Winter, wenn nur Heu und kein Gras gefressen wird, den Gesamtverbrauch an Rundballen über einen Monat gezählt. Das Gewicht eines unserer Rundballen haben wir von „Mobiles Wiegeteam“ Silvia und Hans-Jürgen Suckow ermitteln lassen (sie wiegen nicht nur Pferde, sondern auch Ballen, Hänger,etc. Ganz herzige und engagierte Menschen, sehr zu empfehlen). Damit konnten wir den Durchschnittsverbrauch pro Tag und Pferd berechnen. Es ist ein Näherungswert, aber ein guter Anfang und diesen habe ich zugrunde gelegt bei der Berechnung des Mineralfutterbedarfs. Aber bleiben wir beim Rauhfutter. Stroh: Tammi bekommt etwa 2-3 kg pro Tag, es hat etwas weniger Kalorien als Heu und schmeckt auch nicht so gut. Dementsprechend frisst sie es langsamer und nur, wenn sie wirklich hungrig ist. Allerdings ist bei leichtfuttrigen Pferden auch das Stroh zu rationeren, sonst werden die schmackhaften (und vermutlich kalorienreicheren) Teile weggeaast wie nix und davon wird der gemeine Haflinger eben auch fett. Das Stroh bekommt Tammi deshalb täglich bei der abendlichen Heufütterung. So hat sie in der Nacht etwas zum knabbern. Wie ich seit dem Kurs bei Constanze Röhm weiß, ist nicht nur die Futtermenge, sondern auch der Zeitpunkt enorm wichtig. Ich bin in der glücklichen Lage, mein Pony direkt vor der Haustür zu haben und sie viel beobachten zu können. Dabei ist mir irgendwann aufgefallen, dass sie am Nachmittag häufig ruht oder das Treiben am Hof beobachtet. Am frühen Morgen hingegen war sie oft extrem unruhig und hektisch wenn es raus auf Winterstück oder Weide geht. Dementsprechend bekommt sie jetzt am Nachmittag kein Heu und hat eine kleine Fresspause von 16-19 Uhr, die ihr offensichtlich nichts ausmacht. Dafür bekommt sie zu ihrer abendlichen Heuportion zusätzlich das Stroh und ist am Morgen wesentlich ruhiger und entspannter. Gehölze: eigentlich möchte ich Tammi täglich 1,5 kg frisch geschnittene Gehölze anbieten, leider bekomme ich das zeitlich überhaupt nicht hin. Gerade im Winter fressen manche wild lebenden Pferde vermehrt Gehölze, da diese eine längere Verweildauer im Darm haben und damit das geringere Futterangebot im Winter etwas ausgeglichen wird. Jetzt ist das Futterangebot bei uns auch im Winter mehr als üppig, aber der Instinkt und das Bedürfnis nach Gehölzen ist sicher noch vorhanden. Und auch Gehölze haben weniger Kalorien als Heu (merkt ihr was? Meine nächste Anschaffung wird so eine tolle neue Fitnessuhr. Die bekommt Pony dann ums Fesselgelenk und es werden Schritte und Kalorien gezählt ;-)). Immerhin bieten wir seit diesem Winter Gehölze auf den Winterstücken an, aber auch hier wird nicht so oft frisch befüllt, wie ich das gerne hätte.
So, jetzt ist der Text schon doppelt so lang wie gedacht und ich komme (endlich) zum Foto. In der großen Kiste ist „Pferdgerecht Futter Natur“. Eigentlich auch ein Rauhfutter, denn es besteht aus Gräsern, Kräutern, Rindenstücken,… Ein Händchen voll davon bildet die Basis, damit was schmackhaftes im Futtertrog ist. Ich bin seit Jahren ausgesprochen zufrieden damit, es ist von gleichbleibend guter Qualität und Tammi frisst es gerne. Weiter geht es mit dem Mineralfutter. Hier habe ich mich für „Nösenberger Organic Allround“ bzw. während der Weidesaison „Nösenberger Organic Weide“ entschieden. Zum Einen, weil es eine Sommer- und Wintervariante gibt. Vitamine sind nicht lagerfähig, d. h. im Winter/Frühjahr, vor Beginn der Weidesaison, nehmen die Pferde deutlich weniger Vitamine über das Rauhfutter zu sich. Auch Vitamin D steht weniger zur Verfügung. Das ist dann im Allround mit drin, wogegen einzelne Vitamine in der Weide-Variante reduziert sind. Zum Zweiten ist dieses Mineralfutter hoch dosiert. Ich muss davon nur halb so viel füttern wie z. B. von einem ähnlichen Produkt von Agrobs. Die Dosierung des Mineralfutters habe ich mit Hilfe der Heuanalyse errechnet. Drittens frisst Tammi es, im Gegensatz zu anderen Mineralfuttern, auch langfristig.
Jetzt kommen wir zu den „Specials“ Biotin für die Hufe. Da ich das Biotin zeitgleich zum Wechsel vom Hufschmied zu einer sehr engagierten Huforthopädin gekauft habe, kann ich nicht sagen, ob das Hufhorn durch das Biotin oder die Hufbearbeitung besser geworden ist. Aber erfreulicherweise ist es das und (never change a running Systen) deshalb füttere ich das Biotin erst mal weiter. Dosierung habe ich ebenfalls berechnet (Bedarf – Wert aus der Heuanalyse – Menge im Mineralfutter und ggf. anderen Futtermitteln = Fütterungsmenge).
Rote Beete Granulat (umgefüllt in einen der grünen Eimer, weil es im Papiersack geliefert wurde) füttere ich wegen des darin enthaltenen Selen. Ob es was bringt, wird die nächste Blutuntersuchung zeigen. Tammi jedenfalls liebt ihre Rote Beete.
Bitterkräuter oder Fenchel-Anis-Kümmel von PerNaturam bekommt Tammi für die Verdauung. Zum Anweiden sollen die Ostpreußen-Kräuter sehr gut sein, das werde ich im Frühjahr testen. Anlass zur Fütterung der Kräuter waren auffällige Blutwerte, hier muss die Nachkontrolle ebenfalls noch zeigen, ob die Kräuter die gewünschte Wirkung zeigen.
Zum Schluss noch ein Gelenkpräparat, hier das Come Back von Dr. Schaette. Tammi hatte 2018 eine Verletzung am Meniskus, solche Verletzungen bleiben ein Schwachpunkt im Körper. Wenn Belastungen für den Bewegungsapparat absehbar sind, z.B. das Toben wenn es im Frühjahr zum ersten Mal auf die Weiden geht, bekommt sie vorbeugend ein wenig Unterstützung für die Gelenke. Da die Wirksamkeit solcher Futtermittel für mich überhaupt nicht überprüfbar ist, muss ich hier einfach hoffen, dass die schönen Worte auf der Packung einen gewissen Wahrheitsgehalt haben.
Generell achte ich darauf, Futtermittel zu kaufen, bei denen sowohl die Inhaltsstoffe als auch die Analysewerte vollständig angegeben sind. Zur Not frage ich diesbezüglich beim Hersteller nach und habe größtenteils eine Antwort bekommen (z.B. beim Olewo Rote Beete Granulat kam prompt die Antwort mit dem exakten Selen-Wert). Damit kann ich auch mit dem ganzen Futter-Wirr-Warr noch nachrechnen, ob irgendein Element völlig Über- oder Unterdosiert ist.
Ich hoffe, ich konnte ein wenig Inspiration und Orientierung bieten und wünsche viel Spaß auf dem weiten Feld der Galoppstrecken, äh, Pferdefütterung 😉
Ich bin vor etwa einem Jahr zufällig auf die Internetseite von Marc Lubetzki gestoßen und habe mir zwei Live-Webinare von ihm angesehen und in seinen Podcasts gestöbert.
Er war mir auf Anhieb sehr sympathisch, weil er langsam und bewusst spricht und bei einer Frage auch mal sagt, dass er über die Antwort erst einmal nachdenken möchte. Man merkt an jedem seiner Sätze, dass er nachdenkt und hinterfragt. Dass er keine Pauschalsätze raushaut, dass er nicht versucht, uns die Welt schön einfach und genormt zu vermitteln. Er lässt komplexes komplex und uneindeutiges uneindeutig. Bei seinen Beobachtungen entdeckt er viele wunderbare Details, an denen er uns teilhaben lässt.
Als Tierfilmer reist er zu wild lebenden Pferdeherden und verbringt oft mehrere Wochen in einem Gebiet und bei und in einer Herde. Seine Filme stellt er nach Themen geordnet zusammen und veröffentlicht sie unter Anderem wöchentlich in der Masterclass. Ich selbst bin nicht in seiner Masterclass angemeldet. Obwohl ich das sehr gerne wäre, habe ich mich bewusst dagegen entschieden, weil es mich komplett überfordern würde, jede Woche etwas zu erfahren, was ich vielleicht im Stall sofort umsetzen möchte und es nicht kann, weil Zeit oder Geld fehlen. Außerdem bevorzuge ich Bücher, weil ich diese in meinem Tempo lesen kann.
So war ich überglücklich, als sein erstes Buch „Im Kreis der Herde“ erschien und wurde nicht enttäuscht. In seiner wundervollen Art erzählt er von seinen Erlebnissen in wilden Pferdeherden. Man reist mit ihm in rauhe Landschaften und fühlt sich selbst im Kreis der Herde. Dass die Fotos absolut grandios sind, muss ich bei einem Tierfilmer wohl nicht dazu sagen.
Das Schönste: ich kann das Buch so oft lesen, wie ich möchte, kann es dekorativ ins Regal stellen, kann vor und zurück blättern, einzelne Sätze oder Kapitel markieren, etwas nachschlagen oder einfach nur entspannt Fotos gucken. Für mich bleibt das Buch einfach das Königsmedium. Schreibe mehr davon, Marc!