„Pferdefrau unterwegs“ Maren Brümmer hat mich mit ihrem YouTube Video „Regenschutz für Wanderreiter und Reiter – was funktioniert – was nicht? |Ausrüstung Wanderreiten“ auf die Idee gebracht, mir einen Regenreitrock zu nähen. Und da ich keine Anleitung hatte, habe ich selbst ein Design entworfen und zeige hier die Entstehung meines ersten Reitrocks.
Zunächst habe ich ganz viel YouTube geschaut, alle möglichen Reitrock-näh-Tutorials. Irgendwo hieß es: Taillenumfang geteilt durch 6,28 ergibt den Radius für das Loch in der Mitte. Bei mir hat das irgendwie hingehauen.
Aus einem alten Bettlaken habe ich einen Prototyp erstellt. Das Schöne an alten Bettlaken ist, dass man einfach mal irgendwie zurechtschneiden, ausprobieren, wieder drannähen und sich Notizen direkt auf dem Stoff machen kann.




Nach zwei Proberitten in ein altes Bettlaken gehüllt (ich glaube, die Waldspaziergänger fanden mein Outfit irgendwie merkwürdig) ging’s ans Stoff kaufen.
Da ich den Stoff gerne anfassen wollte, bin ich ins größte Stoffgeschäft in der Umgebung gefahren. Dort gab es dann genau zwei wasserdichte Stoffe. Gut, dann fällt das Entscheiden leichter.

Ich habe mich trotz 200g/qm für den gelben Stoff mit den kleinen Ankern entschieden. Der fühlt sich gut an und man muss nicht säumen, da nichts ausfranst. Der andere wäre deutlich leichter, aber auch flatteriger und schwieriger zu verarbeiten gewesen.
Dummerweise war ich mit meiner kleinen Tochter im Stoffgeschäft, so dass ich, bevor es mit meinem Reitrock weiter ging, erstmal ein Einhorn-Kleid nähen musste…

Beim Verarbeiten des schönen, gekauften Stoffes hatte ich vor lauter Aufregung einen kleinen Blackout. Die simpelsten Grundlagen des Nähens sind mir entfallen. So habe ich in einem Anfall von geistiger Umnachtung (war auch spät abends) den Schnitt vom Prototyp mit Kugelschreiber auf die Vorderseite vom Stoff übertragen. Jetzt sind teilweise Linien auf meinem Rock! Ich fasse es nicht. Auch bedurfte es zwei Gläser Rotweins, um die Schere in die Hand zu nehmen und zuzuschneiden. Dabei war der Stoff garnicht so teuer: bei 135 cm Breite habe ich 2 m gekauft, das macht 32,-€.



Außerdem war ich gründlich vorbereitet: auf einem kleinen Stoffstreifen habe ich das Nähen, die selbstklebenden Klettbänder und Sekundenkleber getestet. Sekundenkleber habe ich letztendlich nicht benutzt, wäre aber auch gegangen.

Das Schnittmuster ist letztendlich recht simpel: es ist ein ganzer Tellerrock (also der gesamte Kreis) mit einem Loch in der Mitte. Die Seiten sind bei mir etwas länger, das kann man nach eigenem Belieben und der Größe des Stoffes variieren. Aus dem „Teller“ habe ich für das Vorderteil ein Stück herausgeschnitten, das ein bisschen größer ist als ein Viertel. Die beiden kleinen „Halbmonde“ kommen später um das Knie und werden mit Klett fixiert. Der Rechteckige Streifen wird als Bund angesetzt und ein breites Gummiband mit Verschluss hindurch gezogen. Das Gummiband habe ich im Bund hinten mit einer Naht fixiert, damit es nicht raus rutschen kann.
Der „Latz“ wird an den Bund geklettet und sitzt damit etwas höher. Dadurch überlappt er den Rock an den Oberschenkeln und der Regen kann nicht zwischen Bein und Sattel laufen. Bei mir ist das Vordergepäck mit dem Latz gut abgedeckt.
Fast alle Klettbänder sind geklebt, mal schauen, wie lange das hält. Wenn man sie aufnähen möchte, muss man Nahtversiegelungsband verwenden, damit die Naht wasserdicht ist. Wie das geht, konnte mir nicht mal die unfassbar nette und geduldige Fachverkäuferin im Geschäft erklären, deshalb habe ich das erstmal gelassen.
Es ist sinnvoll, sich mit dem halbfertigen Rock schon mal auf’s Pferd zu setzen und zu schauen, ob alles sitzt. Zum Beispiel habe ich die beiden langen Klettbänder am Latz zu Hause aufgeklebt, die beiden Klettbänder am Rock selbst aber direkt auf dem Pferd sitzend. So schließt der Klett in der sitzenden Position optimal.

Nach diesem ersten Proberitt habe ich noch einige Veränderungen vorgenommen:
Den Ausschnitt von den beiden Halbmonden am Latz (das sieht man auf dem Bild ganz schön, dass der offen ist und meine Tasche rauslugt) habe ich zugenäht. Auf der Schnittmusterzeichnung ist das die kleine Wellenlinie. Das ergibt dann zwei „Tütchen“, das sieht merkwürdig aus, ist aber in der Praxis nicht schlecht:

Ich habe den Klettstreifen am Bein mit dem Besatz einer alten Reithose ummantelt. Hatte ich beim ersten Ritt noch Kratzer vom Klettband auf den Fendern, war das Problem mit dieser kleinen Veränderung gelöst:

Beim Absteigen ist der Latz abgegangen und irgendwie auf dem Sattel liegen geblieben. Das hat mich zum Einen sehr beruhigt, denn wenn man unfreiwillig absteigt (also vom Pferd stürzt) würde man zumindest mit dem Latz nicht am Pferd hängen bleiben. Zum Zweiten hat es mich auf die Idee gebracht, den Latz noch ein kleines bischen zu modifizieren, so dass man ihn als behelfsmäßigen Sattelregenschutz nutzen kann, wenn man das Pferd ein Stück führen möchte. Dazu habe ich mittig am Bund vom Latz ein Haargummi festgenäht. Damit kann man den Latz am Sattelhorn festmachen. Zusätzlich habe ich am Saum vom Latz ein Gummiband eingenäht, dieses lässt sich über das Cantle (Hinterzwiesel) streifen und gibt dem Latz hinten etwas Halt.





Das Haargummi ist auch sehr praktisch beim An- und Ausziehen vom Rock: Der Latz hängt sicher am Horn und kann nicht verloren gehen, solange man die Hände braucht, um den Rock anzuziehen.
Mit der richtigen Falttechnik wird aus dem Rock ein kompaktes Paket:




Packmaß und Gewicht treffen nicht ganz meine Vorstellungen, der Rock wiegt 520 g und ist auch zusammengerollt noch recht groß. Für einen richtigen Wanderritt ist das zu schwer und zu groß, aber für Ausritte in den heimischen Gefilden absolut perfekt. Ich bin sehr glücklich mit meinem farbenfrohen Rock.
Einen Beutel, um den Rock zu verstauen und den ich auch an meinem Sattel befestigen kann, habe ich noch dazu genäht, aber den zeige ich im nächsten Beitrag…